Hilft fast immer: PMR gegen Spannungskopfschmerz
Hilft fast immer: PMR gegen Spannungskopfschmerz
Die sogenannte Progressive Muskelrelaxation nach dem amerikanischen Arzt und Psychologen Edmund Jacobson ist ein wichtiges Tool für Kopfschmerzbetroffene. Dass die spezielle Entspannungstechnik Migräneattacken wirksam vorbeugen kann, ist durch eine Reihe von Studien belegt, wie dieser Artikel beschreibt. Aber auch bei Kopfschmerzen vom Spannungstyp ist die Methode ausgesprochen wirksam.
Autonomie durch Kopfschmerzprävention
Allgemein zählen Kopfschmerzerkrankungen zu den besonders stark behindernden Leiden des Menschen. Fast jede:r kennt sie, nicht selten kommen sie auch häufiger vor und beeinträchtigen Betroffene sehr. Unter den sogenannten primären Kopfschmerzerkrankungen haben Migräne und Kopfschmerz vom Spannungstyp mit zusammen etwa 92% den weitaus größten Anteil. Bei beiden Kopfschmerzarten kann Prävention nachhaltig Beschwerden senken, manchmal sogar ganz verhindern, und so auch den Gebrauch von Medikamenten deutlich reduzieren.
Das Gefühl, der Krankheit wehrlos ausgeliefert zu sein, ist für viele Kopfschmerzbetroffene eine große Belastung, die zu ihren Schmerzen noch hinzukommt. Wenn sie in die Lage versetzt werden, durch eigenes Verhalten selbst etwas gegen ihre Kopfschmerzen tun zu können, erlangen sie ein wichtiges Stück Autonomie zurück. Für einen nachhaltig erfolgreichen präventiven Umgang mit Kopfschmerzen ist die Bewältigung von subjektiv empfundenem Stress ein ganz zentraler Aspekt. Stress ist sowohl bei Migräne als auch bei Spannungskopfschmerz ein Hauptauslöser und mit dafür entscheidend, ob sich der Kopfschmerz chronifiziert.
Mit PMR dem Stress entgegen
Die Progressive Muskelrelaxation dient der eigenständigen Bewältigung von Stress. Durch die Methode können Betroffene ihren gesamten Körper gezielt in eine tiefe Entspannung versetzen, ihr Stressempfinden wird merklich reduziert. Das bewusste An- und Entspannen verschiedener Muskelgruppen verbessert außerdem die Körperwahrnehmung, was wiederum zu einer größeren allgemeinen Achtsamkeit dem eigenen Körper gegenüber beitragen kann. Damit die Übung sich gut in das tägliche Leben integrieren lässt, stellt Headache Hurts eine zehnminütige Version zur Verfügung, die man zum Beispiel während einer Pause im Uni-Alltag oder unproblematisch am Abend ausführen kann. (Sie findet sich in der App und auch auf der Homepage.)
Die Studien überzeugen: Große Wirksamkeit und gute Anwendbarkeit
Nachdem die Progressive Muskelrelaxation in den 1970er Jahren vor allem präventiv gegen Migräne eingesetzt wurde, zeigte eine im Jahr 1980 erschienene Meta-Analyse, dass die Methode auch bei Spannungskopfschmerz wirksam ist – und zwar ganz besonders. Die Auswertung von neun verschiedenen Untersuchungen ergab, dass bei Anwendung der Methode gegenüber der Kontrollgruppe eine Verbesserung der Kopfschmerzbeschwerden um fast 60% erreicht werden konnte.
Im Jahr 1982 konnte erneut nachgewiesen werden, dass die Progressive Muskelrelaxation präventiv wirksam gegen Spannungskopfschmerz ist. Auch diese Untersuchung kam zu dem Ergebnis, dass eine Reduktion der Beschwerden um mehr als 50% erreicht werden konnte. Hat eine Methode eine Wirksamkeit in dieser Größenordnung und entspricht bestimmten statistischen Kriterien, spricht man von einem „klinisch signifikanten“ Ergebnis. Das Wirkniveau ist dann so hoch, dass Patient:innen dadurch in der Regel eine einschneidende Verbesserung erfahren.
Etwas später in den 1980er Jahren untersuchte ein Team um die Wissenschaftlerin Ruth Hyman 48 Studien, die sich mit der Wirkung von Entspannungstechniken auf verschiedene Krankheitssymptome unterschiedlicher Bereiche befassten. Die Autorin kommt zum Ergebnis, dass die am erfolgreichsten eingesetzten Techniken die Meditation und die Progressive Muskelrelaxation sind. Letztere ist laut ihrer Analyse besonders wirksam bei Kopfschmerzen und Bluthochdruck. Die PMR sei, so wird hervorgehoben, als Behandlungs- wie auch als Vorbeugungsmaßnahme über ein sehr breites Altersspektrum hinweg sehr gut anwendbar. So reichen die Berichte über eine positive Wirkung von studentischen Kollektiven bis hin zu älteren Menschen.
Neue Erkenntnisse: PMR dient auch dem Schlaf
Eine neuere Studie aus dem Jahr 2021 untersuchte über 12 Wochen hinweg die Wirkung von Progressiver Muskelrelaxation und Atemübungen bei chronischem Spannungskopfschmerz. Zu Beginn der Studie hatten alle Patient:innen angegeben, durch ihr Kopfschmerzgeschehen in ihrem Leben stark behindert zu sein. Weil die Betroffenen wegen ihrer Kopfschmerzen außerdem unter erheblichen Schlafproblemen litten, wurde auch die Wirkung der Maßnahmen auf die Schlafqualität gemessen. Dass Kopfschmerzbeschwerden und Schlafprobleme oft Hand in Hand gehen und sich gegenseitig immer mehr verstärken, ist ein bekanntes Phänomen, das Betroffene als besonders belastend empfinden. Unzureichender Schlaf ist ein klassischer Kopfschmerztrigger. Starke Kopfschmerzen lösen wiederum ihrerseits Schlafprobleme aus, sodass Betroffene hier nicht selten in einen verheerenden Teufelskreis geraten.
Die Untersuchung ergab: Zu allen erhobenen Zeitpunkten im Anwendungszeitraum der Progressiven Muskelrelaxation (4, 8 und 12 Wochen) waren bei den Betroffenen sowohl die Schwere als auch die Häufigkeit der Kopfschmerzen signifikant reduziert. Die Schlafqualität, die zu Beginn von allen Teilnehmenden als schlecht angegeben worden war, wurde von der Kontrollgruppe nach 12 Wochen noch immer zu 97% als schlecht bewertet, während sich unter Anwendung der Progressiven Muskelrelaxation dieser Wert halbierte – eine signifikante Verbesserung.
Ein entspanntes Gehirn ist leistungsfähiger
Bemerkenswert ist, dass die Progressive Muskelrelaxation darüber hinaus noch weitere Effekte hat, die für die Anwender:innen durchaus wünschenswert sind. In einer experimentellen Untersuchung an Medizinstudierenden der Universität St. Augustine im US-amerikanischen Florida konnte gezeigt werden, dass der Einsatz der Methode nicht nur für einen ausgeglichenen Gemütszustand beim Abarbeiten von Testaufgaben sorgte, sondern überdies die erzielten Resultate besser ausfielen als bei den Proband:innen der Kontrollgruppe. Es wird vermutet, dass die entspannten Teilnehmer:innen von einem verbesserten Erinnerungsvermögen profitierten. Die Wissenschaftler:innen postulieren über die erhobenen Daten hinaus zahlreiche positive Wirkungen von Entspannungstechniken auf viele Aspekte der Lebensqualität – seien sie nun exakt messbar oder nicht.
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