Kopfschmerzen durch Atemschutzmasken? Neue Studien & Erkenntnisse
Kopfschmerzen durch Corona-Schutzmasken? Über neue Studien zur Ausnahmesituation
Dass das Tragen des sogenannten Mund-Nasen-Schutzes Ansteckungen mit dem Coronavirus wirksam verhindern kann, ist inzwischen hinreichend belegt. ‚Corona-Schutzmasken‘ gehören damit in das Repertoire jener Maßnahmen, die wir sinnvollerweise zur Eindämmung der COVID-19-Pandemie ergreifen. Über die Frage, ob das Tragen einer Maske auch gesundheitliche Nachteile mit sich bringen kann, wird seit Beginn der nun schon Jahre andauernden globalen Pandemie leidenschaftlich diskutiert. Dieser Beitrag legt den Fokus auf die Kopfschmerzen und stellt den aktuellen Forschungsstand zur Frage dar, inwieweit das Tragen von Schutzmasken Kopfschmerzen hervorrufen kann.
Kliniken und Pflegeeinrichtungen als Settings für wissenschaftliche Erhebungen
Auch wenn inzwischen die ‚Maskenpflicht‘ in vielen Lebensbereichen aufgehoben wurde, ist es bis heute nicht allen Menschen möglich, ihren Alltag maskenfrei zu bestreiten. Einige Berufsgruppen können ihre Arbeit nur sicher ausführen, wenn sie dauerhaft eine Corona-Schutzmaske tragen – und das zum Teil über viele Stunden täglich und bei starker körperlicher Beanspruchung. Um herauszufinden, welche Auswirkungen das Masketragen auf die Entstehung bzw. Verschlimmerung von Kopfschmerzerkrankungen hat, haben sich in jüngerer Zeit viele Studien den Settings von Kliniken und Pflegeeinrichtungen gewidmet. In einschlägigen Berufsgruppen (medizinisches Personal inkl. Pflege) war schon vor der globalen COVID-19-Pandemie in vielen Situationen das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes unumgänglich. Durch das erhöhte Risiko, das seit dem Aufkommen des Virus sowohl für das medizinische Personal als auch für die Patient*innen bzw. Gepflegten besteht, haben sich die täglichen ‚Tragezeiten‘ um ein Vielfaches erhöht. Dieser Umstand macht die genannten Situationen für Erhebungen über die Auswirkungen des Masketragens auf das Kopfschmerzgeschehen besonders ergiebig.
Reduzierte Leistungsfähigkeit bei allen Beteiligten
Als eine allgemeine Begleiterscheinung des Tragens von Schutzmasken ist zunächst die Verminderung der körperlichen Leistungsfähigkeit zu nennen. Das gilt auch für völlig gesunde Menschen, die etwa im Pflegedienst von Krankenhäusern oder Alteneinrichtungen tätig sind. Welches Ausmaß die Beeinträchtigungen erreichen können und wie sie zustande kommen, wurde nun in einer Studie am Universitätsklinikum Leipzig untersucht. Die Teilnehmenden trugen entweder keine Maske, eine leichte OP-Maske oder die mit „FFP2“-Zertifizierung versehene Ausführung. Alle unterzogen sich in zufällig ausgewählter Reihenfolge Tests, bei denen verschiedene Funktionen aus den Bereichen Herz-Kreislauf, Atmungssystem und Stoffwechsel gemessen wurden.
Es zeigte sich, dass die sogenannte kardiopulmonale Leistungsfähigkeit (d.h. das Herz-Kreislauf-System und die Atmung betreffend) durch das Tragen einer Maske signifikant reduziert wird, und zwar unabhängig vom Maskentyp. Beeinträchtigt wurde vor allem das Atmen. Das Atemvolumen war reduziert, ebenso die Geschwindigkeit beim Ein- und Ausatmen. Weitere Erhebungen kamen zu dem Ergebnis, dass den Maskenträger*innen nur eine verminderte Kraftentfaltung möglich war. Zudem gaben die Teilnehmer*innen an, sich in ihrem Wohlbefinden beeinträchtigt zu fühlen. Die Autor*innen der Studie betrachten die von vielen Berufstätigen geschilderte Einschränkung der Leistungsfähigkeit durch das permanente Tragen einer Maske damit als wissenschaftlich untermauert.
Kopfschmerzen durch Masken
Die beeinträchtigte Versorgung mit Sauerstoff dürfte auch der Hauptgrund für ein weiteres Phänomen sein, das bei vielen Menschen auftritt, die beruflich zum häufigen oder gar ständigen Tragen einer Maske verpflichtet sind: Kopfschmerzen. Als einer der Großverbraucher von Sauerstoff reagiert unser Gehirn auf eine eingeschränkte Versorgung sehr empfindlich. Dies erklärt, weshalb viele Pflegemitarbeiter*innen aufgrund des erschwerten Atmens vermehrt unter Kopfschmerzen leiden. Durch das Tragen einer Maske wird der Gasaustausch gestört: Zu viel Kohlendioxid, das eigentlich ausgeatmet werden soll, verbleibt im Körper oder reichert sich unter der Maske an. Der nun folgende Atemzug liefert das, was es eigentlich zu vermeiden gilt: ‚schlechte‘ Luft, d.h. Luft, die zu wenig Sauerstoff enthält. So kann sich der Sauerstoffgehalt im Blut gegenüber der freien Atemtätigkeit um 20% vermindern. Dauert dieser Zustand an, antwortet unser Gehirn vermehrt mit Kopfschmerzen, Konzentrationsstörungen oder Vergesslichkeit.
Verschiedene Länder, gleiche Befunde
Neben der Leipziger Untersuchung gibt es eine Reihe weiterer Studien mit vergleichbaren Resultaten. Die Übersichtsarbeit einer österreichischen Arbeitsgruppe z.B. fasst einige wichtige Befunde zusammen. Dabei zeigen sich Übereinstimmungen, was die Folgen des Maskengebrauchs für die Beschäftigten in der Pflege betrifft. Eine italienische Studie ergab, dass bei jedem vierten Beschäftigten ohne vorherige Kopfschmerzbeschwerden während der Maskenpflicht im Lockdown Kopfschmerzen neu auftraten. Bei Mitarbeiter*innen mit vorbestehenden Kopfschmerzen verschlimmerte sich die Symptomatik bei etwa einem Drittel. Insgesamt zeigte sich bei allen Pflegenden ein signifikanter Anstieg der Anzahl an Kopfschmerztagen. Auch eine portugiesische Studie konnten zeigen, dass sich bei fast allen Klinikmitarbeiter*innen, die zuvor bereits unter Kopfschmerzen und Migräne litten, die Beschwerden durch die Schutzmasken erheblich verstärkten. Viele Beschäftigte, die bis dahin beschwerdefrei waren, berichteten erstmals von Problemen mit Kopfschmerzen.
Weitere Erhebungen aus Singapur, der Türkei und Österreich bestätigen diese Befunde. Die singapurische Erhebung fand bei mehr als 80% der befragten Pflegemitarbeiter*innen neu aufgetretenen oder verschlimmerten Kopfschmerz, der mit dem Tragen von Covid-Schutzausrüstung assoziiert war. Interessant ist hier die Beobachtung der Unmittelbarkeit der Einschränkungen: Die Beschwerden traten innerhalb von 60 Minuten nach Anlegen der Ausrüstung auf und waren bei fast 90% der Betroffenen bereits 30 Minuten nach Ablegen verschwunden. Spezifisch auf die Migräne konzentriert sich die türkische Studie. Sie beschreibt eine Verschlechterung bezüglich Attackenhäufigkeit, Dauer und Schmerzintensität bei nahezu 60% der Betroffenen durch die Maskenpflicht. Im gleichen Umfang stieg der Konsum von Schmerzmitteln. Offenbar leiden Migränebetroffene durch das permanente Tragen von Masken am Arbeitsplatz besonders stark unter der Verschlimmerung ihrer Beschwerden.
Vorbeugen: Was können wir tun?
Aus den Daten wird deutlich, dass der Zusammenhang zwischen dem Tragen von Corona-Schutzmasken und Kopfschmerzen real ist. Kopfschmerzbetroffene, die durch das Tragen der Masken individuell eine Verschlimmerung ihrer Beschwerden erleben, sehen sich durch wissenschaftliche Erhebungen gestützt. Mit der Lockerung der Maskenpflicht in vielen Lebensbereichen ist zwar auch mit einer Abnahme dieser zusätzlichen Belastungen zu rechnen. Für Mitarbeitende in Kliniken und Pflegeeinrichtungen wird es hingegen aller Voraussicht nach in absehbarer Zukunft bei sämtlichen Tätigkeiten, die Patient*innenkontakt mit sich bringen, nicht zu einer Aufhebung der Maskenpflicht kommen. Maßnahmen zur Vorbeugung der Mehrbelastung, die durch das Maskentragen hervorgerufen werden, sind für diese Menschen besonders wichtig, aber auch für andere Betroffene lassen sich entsprechende Schlüsse für jene Bereiche ziehen, in denen das Tragen von Masken weiterhin (oder wieder) eine wirksame und vernünftige Maßnahme ist. Kommen wir dafür zurück zu den Leipziger Wissenschaftler*innen und ihren Forschungen. Die Autor*innen meinen, dass man aus den Resultaten Folgerungen für das Arbeitsleben ableiten kann. Menschen, die bei anstrengenden Tätigkeiten eine Maske tragen, sollten unbedingt öfter Pausen einlegen als es bislang vielerorts gängige Praxis ist. Diese Auszeiten ohne Maske, möglichst an der frischen Luft und mit gezieltem, tiefem Durchatmen, können dem Blut wieder Sauerstoff zuführen. Darüber hinaus kann man die verspannte Muskulatur mit Bewegungsübungen auflockern und für den weiteren Einsatz ertüchtigen.
Überall dort, wo wir nicht auf das Tragen von Masken verzichten können oder wollen, sollten Ausgleichskonzepte wie regelmäßige ‚Atempausen‘ diese Maßnahme begleiten, um die Risiken abzumildern. Aus der Gesamtsituation rund um Corona erwächst außerdem ein weiterer Imperativ: Wir alle sind gehalten, sämtliche Vorsichtsmaßnahmen ernst zu nehmen, damit das Pflegepersonal über die jetzt schon enorme Belastung hinaus nicht noch stärker in Mitleidenschaft gezogen wird.
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